Die Heiliggeistkirche in Bern
Geschichte, Architektur und Ausstattung
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Die Heiliggeistkirche in Bern. Geschichte, Architektur und Ausstattung.
Die Geschichte: Erst Spital, dann sakraler Prachtbau
Die Heiliggeistkirche in Bern findet seit dem Jahr 1228 Erwähnung. Als Spitalkirche erbaut, vereinte sie bis zum 18. Jahrhundert Kirche, Kloster und Spital. Geleitet wurde das Heiliggeistspitälchen von den Brüdern des Laienordens zum Heiligen Geist, die sich dort um Randständige kümmerten. Dazu gehörten z.B. mittellose Kranke, Alte, Behinderte, Pilger, Bettler, Waisen und ledige Schwangere - alle, die einen Ort zum Schlafen, Essen oder Pflege benötigten.
Mehr Informationen zum Spitalwesen im Mittelalter und in der frühen Neuzeit
Erbaut wurde die Spitalkirche am heutigen Standort, der damals weit ausserhalb der Stadt lag. Das Gebiet vor der Stadt diente als Gemeindegut, auf dem viele Bürger*innen der Stadt Bern ihre Gärten hatten. Zugleich lag die Spitalkirche an der wichtigen Strasse nach Murten und Fribourg.
Mit der letzten Stadterweiterung um 1345 wurde die Spitalkirche in die Stadt Bern integriert und lag nun direkt hinter der Stadtmauer beim Haupttor, dem späteren Christoffelturm. Der neue Stadtteil hiess „Heiliggeist-Neuenstadt“.
Zwischen 1482 und 1502 erfolgte der erste Neubau der Spitalkirche. Dieser trennte den Spitaltrakt räumlich von dem Sakralraum. Zudem bekam die Kirche einen Turm und einen Chorraum. 1655 wurde der Sakralraum weiter vergrössert und der Spitaltrakt fand nun in einem neuen Gebäude neben der Kirche Platz. Aufgrund des heruntergekommenen Zustandes der Spitalkirche wurde 1722 ein Neubau angeregt. Das Spital wurde an den heutigen Platz des Burgerspitals verlegt und die Kirche gemäss der evangelisch-reformierten Konfession neu errichtet. 1729 wurde der neue barocke Prachtbau, so wie er sich bis heute erhalten hat, eingeweiht.
Die Architektur: Oktogonaler Innenraum im rechteckigen Gebäude
Der blockhafte Kirchenbau besitzt eine architektonisch identische Haupt- und Rückfassade sowie zwei symmetrische Längsfassaden mit monumentalen Fenstern. Die Kirche hat, gemäss der calvinistisch-reformierten Tempeltradition, an jeder Seite einen Eingang. An der südlichen Hauptfront befindet sich der Turm mit Glockengeschoss. Die Hauptfassade ist zurückhaltend mit Engels- und Löwenköpfen, Flammenvasen, Obelisken und Blütenranken dekoriert. Im Dreieck sowie im ovalen Fenster über dem Eingang ist die Taube des Heiligen Geistes abgebildet.
Der Innenraum ist achteckig angelegt und folgt damit dem Leitmotiv des protestantischen Kirchenbaus. Die Empore wird von einem spätgotischem Netzgewölbe getragen.
Die Ausstattung: Schmucklos und die soziale Ordnung widerspiegelnd
Typisch für Kirchen der zwinglianischen und calvinistischen Ausrichtung ist eine schmucklose Innenausstattung. Weder Bilder noch Skulpturen sollen die Konzentration der Gläubigen stören. Auch fehlt das Kreuz, denn im Zentrum der christlichen Botschaft steht nicht nur der Kreuzestod Christi, sondern auch die Auferstehung. Für letzteres gibt es jedoch kein Symbol. Deswegen ist auch das Kreuz nicht präsent.
Im Fokus der Kirche steht die Kanzel, denn das Wort ist zentral. Unter der Kanzel befindet sich der Abendmahls- und Tauftisch aus schwarzem Marmor. Eine Orgel war in den Bauplänen von 1722 nicht vorgesehen. Zwingli und Calvin lehnten Orgeln ab, denn sie würden die Andacht stören. Erst 1806 wurde die erste Orgel eingebaut. Die heutige verfügt über 30 Register mit 1939 Pfeifen, zwei Manuale und ein Pedalwerk.
Die Bestuhlung der Kirche spiegelt die sozialen Unterschiede des 18. Jahrhunderts wider. Die Stellung bestimmte, wo man sass. Berner Burger hatten Stühle mit Rücken- und Armlehnen samt Besitzwappen auf der Empore oder im Umgang darunter. Pfarrer, Kirchgemeinderat und der Armenvogt sassen um die Kanzel konzentriert. Auch die Armen und Randständigen gehörten zur Gemeinde der Heiliggeistkirche. Knechte, Mägde, Handwerker und Almosenempfänger*innen sassen im mittigen Parterre auf lehnlosen Sitzbänken. Hier hatten auch das „unzüchtige Weibervolk“ aus der Spinnstube sowie Kleinkriminelle und Arbeitsscheue aus dem Schellenwerk ihren Platz. Die Spinnstube lag im Burgerspital und diente der moralischen Erziehung randständiger Frauen. Ebenfalls im Parterre der Kirche sassen die Gefangenen des Schellenwerks, meist Bettler und Kriminelle, die zur Zwangsarbeit verurteilt worden waren. Mit Schellen um den Hals geschmiedet, mussten diese Männer Strassen bauen oder Plätze reinigen. In der Heiliggeistkirche hatte auch der Scharfrichter als Vertreter der Obrigkeit seinen offiziellen Platz, in der düsteren Emporenecke oberhalb der heutigen Cafeteria.